Interkulturelle Managementkompetenz:

K E R N K O M P E T E N Z    O D E R
N E T T E S    B E I W E R K ?


Es erscheint paradox:

Auf der einen Seite nehmen internationale und damit interkulturelle Geschäftsbeziehungen immer weiter zu. Auf der anderen Seite beschränken viele Unternehmen ihre Investitionen für die Vorbereitung und Begleitung von interkulturellen Geschäftsbeziehungen ihrer Mitarbeiter gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf das äußerst Notwendige.

Es erscheint auf den ersten Blick nachvollziehbar, kurzfristig sofort realisierbaren Kosteneinsparungen den Vorzug zu geben. Gegenüber meistens erst mittelfristig wirksamen Erfolgen, die Investitionen in die Kompetenzerweiterungen von Einzelpersonen oder Teams erzielen, hat dies scheinbare Vorteile.

Dabei handelt es sich bei der Erweiterung interkultureller Management-Kompetenzen bei näherer Betrachtung um alles andere als nettes Beiwerk:
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Auswirkungen nicht ausreichender unternehmerischer interkultureller Kompetenz gravierend sind:
 
  • So scheitern beispielsweise bis zu 70% der internationalen Kooperationen deutscher Unternehmen, weil die Partner nicht ausreichend miteinander auskommen [1]
  • Der Anteil schlecht verlaufender internationaler Projekte aufgrund mangelnder interkultureller Kompetenzen wird auf 40% bis 70% geschätzt [2]
  • 35% Prozent der befragten Führungskräfte einer Untersuchung nennen kulturelle Unterschiede als Problem Nummer eins bei internationalen Akquisitionen [3]
  • Über 90% der Befragten einer Studie der Bad Harzburger Akademie für Führungskräfte nennen Kommunikationsschwierigkeiten und unausgesprochene Konflikte als Hauptgefahren für die Teamarbeit [4]
  • 2/3 der deutschen Angestellten fühlen sich vor Auslandseinsätzen nicht ausreichend interkulturell vorbereitet [5], so dass bis zu 40% ihren Auslandsaufenthalt vorzeitig abbrechen (müssen) [6]. Oft liegt der Grund in der Schwierigkeit der entsendeten Mitarbeiter, die lokale Kultur zu verstehen und sich anzupassen [7]


Die damit verbundenen Auswirkungen sind sehr häufig für das einzelne Unternehmen sowie die entsendeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschließlich ihrer Familien erheblich. Sie zeigen sich beispielsweise an: 

  • Terminverzug und damit ungeplanten zusätzlichen Projektkosten
  • Höheren Produktionsanlaufzeiten verbunden mit nicht erwarteten Qualitätskosten 
  • Ungeplanten Zusatzaufwendungen für die Personalentsendungen
  • Falschen Investitionsentscheidungen bei Firmenkäufen
  • Ungeplantem Aufwand für die Integration neuer ausländischer Tochterfirmen oder Imageschäden bei Kunden, eigenen Mitarbeitern oder Partnern
  • Ungeplanten Umzügen von Mitarbeitern mit allen damit verbundenen Folgeauswirkungen auf Familie, Schule und soziale Beziehungen.
Hierbei sind Stress oder der nicht geplante Zeitaufwand auf allen Ebenen des Unternehmens zur Bewältigung von damit ausgelösten mittleren oder größeren Krisen nicht mitgerechnet. Häufig werden diese - meist indirekten - Kosten vom Controlling weder vollständig erfasst noch explizit berichtet und damit in Entscheidungsprozessen kaum berücksichtigt.

Unternehmerische interkulturelle Kompetenz ist daher bereits heute einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren, um sich international im Wettbewerb durchsetzen zu können. 


Die Gegenüberstellung 
  • von Investitionen und Chancen einerseits, die sich durch die gezielte Erweiterung der interkulturellen Management-Kompetenz für ein Unternehmen ergeben, 
  • mit den Kosten und Risiken andererseits, die für den Fall zu erwarten sind, dass in diese Kompetenzen nicht ausreichend gezielt investiert wird
spricht hier eine deutliche Sprache: Es ist wesentlich teurer, nichts zu tun.

Die Weiterentwicklung interkultureller Management-Kompetenz wird damit zu einer wichtigen Priorität bei der Umsetzung erfolgreicher Unternehmensstrategien. 

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[1] ) Psychologie heute, Dezember 2009, Seite 48
[2] Eva-Ulrike Kinast/ Alexander Thomas: Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation Band 1: Grundlagen und Praxisfelder, Vandenhoeck & Ruprecht, 2005
[3] ) Christa Ühlinger: Bedeutet international zu arbeiten interkulturell kompetent zu sein? In: Connie Voigt (Hrsg.): Interkulturell Führen. Diversity 2.0 als Wettbewerbsvorteil, Seite 263, Gabal Verlag, 2009
[4] Quelle: http://www.streuverluste.de/aktuell/2005-12-13/fuehrung-management-woran-scheitern-projekte-und-die-teamarbeit.html
[5] ) Psychologie heute, Dezember 2009, Seite 48
[6] Eva-Ulrike Kinast/ Alexander Thomas: Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation Band 1: Grundlagen und Praxisfelder, Vandenhoeck & Ruprecht, 2005. Frau Kinast und Herr Thomas berichten, dass im Fall von Auslandsentsendungen in Entwicklungsländern bis zu 70% der Entsendungen vorzeitig abgebrochen werden
[7] ) Christa Ühlinger: Bedeutet international zu arbeiten interkulturell kompetent zu sein? In: Connie Voigt (Hrsg.): Interkulturell Führen. Diversity 2.0 als Wettbewerbsvorteil, Seite 263, Gabal Verlag, 2009